Aktuelle Erkenntnisse zu Low Carb

Low carb

Was soll „Low Carb“ eigentlich bewirken?

Low Carb ist momentan wieder voll im Trend. Dabei handelt es sich um eine spezielle Ernährungsformen, die auf eine Kohlenhydratreduktion abzielt. Sie wird zunehmend im Freizeit- und Leistungssport praktiziert, obwohl die Wirkung den meisten Menschen unbekannt ist. Durch „low carb“ soll die Fettoxidation erhöht werden. Das bedeutet, dass durch die Zufuhr von Kohlenhydraten eingeschränkt ist und deshalb der Körper auf Fettreserven als Energieträger zurückgreifen muss. Daher wird angenommen, dass durch die entsprechenden Anpassungen des Fettstoffwechsels die Leistungsfähigkeit im Ausdauersport verbessert werden könne und mehr Körperfett abgebaut wird. In der Praxis wird „low carb“ oft unstrukturiert und ohne gesundes Basiswissen zur Ernährung umgesetzt. Durch Fehlinformationen von Betreuern und Trainern wird immer wieder ein falsches Bild zur Bedeutung der Kohlenhydrate im Sport vermittelt, so dass unter Athleten eine regelrechte Angst vor dem Verzehr von Kohlenhydraten besteht. „Low carb“ wird hingegen als die revolutionäre Form der Sporternährung gepriesen, wobei die potentiellen Risiken oft nicht berücksichtigt werden.

Low Carb ist nicht schlecht – aber nur in Intervallen

Fakt ist, dass „low carb“ über einen kurzen Zeitraum hinsichtlich der Fettreduktion funktionieren kann. Jedoch reagiert nicht jeder Organismus gleich. Was beim einen klappt, muss beim anderen nicht auch funktionieren. Über lange Sicht jedoch ist „low carb“ nicht zu empfehlen, da der Stoffwechsel des Menschen gestört wird. Eine etwas eingeschränkte Zufuhr von Kohlenhydraten über lange Sicht ist schon in Ordnung, aber extreme Einschränkungen von Kohlenhydraten sind für Sportler nicht zu empfehlen, denn im Feuer der Kohlenhydrate schmilzt auch das Fett. Besser wäre, „low carb“ in Intervallen von 3-4 Wochen durchzuführen. Außerdem braucht ein ambitionierter Sportler die Energie aus Kohlenhydraten, um überhaupt Leistung erbringen zu können. Auch unser Gehirn braucht zum Denken „Zucker“, also Kohlenhydrate. Wichtig ist, dass die Quelle richtig gewählt wird und die Struktur der Kohlenhydrate komplex aufgebaut ist. Vollkorn, Kartoffel, Hülsenfrüchte mit Ballaststoffen und nicht die Süßigkeit oder all zu viel Weißmehl. Qualität vor Quantität!

Die Studienlage zur „Low Carb“-Ernährung im Sport zeigt insgesamt keine Vorteile für die Leistungsfähigkeit.

Faris al Sultan bei Ewige Helden

Generell sollte jedoch nicht länger darüber diskutiert werden ob nun eine „High Carb“- oder „Low Carb“-Ernährung besser ist. Die Zusammensetzung der Nahrung sollte sich an der Sportart, den Trainingszielen, sowie dem Trainingszyklus orientieren. Und dabei muss man nicht zwischen der einen oder der anderen Diätform entscheiden, sondern kann – je nach Trainingsperiode – die Kohlenhydrataufnahme variabel gestalten, so wie es auch in den aktuellen Empfehlungen zur Sporternährung verankert ist. Auf diese Weise kann sowohl der Fettstoffwechsel als auch der Glukosestoffwechsel gleichermaßen trainiert werden, ohne dass gesundheitliche Gefahren bestehen. Entscheidend ist letztlich auch die Akzeptanz für die Ernährung und die Freude am Sport, die bei einer zu einseitigen Ernährungsweise sicherlich auf der Strecke bleibt. An dieser Stelle sei noch ein Zitat des Profitriathleten Faris Al-Sultan zu nennen: „Ich hab keine besonderen Ernährungstricks. Ich esse – wie die meisten Triathleten – normale Mischkost und ab und an auch Fast Food. Von Selbstkasteiung halte ich nichts: Wenn ich mich schon beim Sport anstrengen muss, will ich zumindest das Essen genießen.“ (Quelle: Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 67, 2016)

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass durch eine kohlenhydratarme Ernährungsweise zwar der Fettstoffwechsel kurzfristig erhöht werden kann. Allerdings gibt es bisher noch keine neuen Studien, die extreme „low carb“ oder sogar ketogene Diäten im Sport unter Berücksichtigung einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit rechtfertigen können. Vielmehr sollten gesundheitliche Risiken, die mit „low carb“ einhergehen können, wie erhöhte Infekt- und Verletzungsanfälligkeit, Stress und Übertraining nicht außer Acht gelassen werden. Im Allgemeinen sollte im (Leistungs)Sport weder eine ausschließliche „high“ noch „low carb“ Ernährung zum Einsatz kommen. Vielmehr wird eine variable Kohlenhydrataufnahme, die sich an der jeweiligen Sportart, den Trainingszielen sowie dem Trainingszyklus orientiert, empfohlen.


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