Training

Einfache Übungen für zu Hause

Warm Up

Übungsauswahl für ein Warm Up (ca. 15-20 Minuten):
Atemübungen aus dem Tai Chi
4x Arme über die Seite nach oben (Einatmen) und über vorne nach unten führen (ausatmen)
4x Arme über die Seite nach oben strecken (Einatmen) und Hände vor der Brust in Gebetshaltung zusammenführen (Ausatmen).

Pre-Strech
Lockeres passiv-dynamisches „Andehnen“ der für die Kicktechniken relevanten Muskulatur. Für ca. 5 Sek. passiv-statisch dehnen und danach ca. 8-10 Mal leicht pumpend nachdehnen.
Grätschstand mit gebeugten Beinen, Beinbeuger, Ausfallschritt

 

Cardio-Moves

Box-Kombination:
Diagonale Punches von links nach rechts – 16 Mal pro Seite wiederholen
Diagonale Aufwärtshaken von links nach rechts – 16 Mal pro Seite wiederholen
Kombination von beider Techniken – Punch rechts + links, Haken rechts + links (32 Mal wiederholen)

Frontkick-Kombination:

Frontales Knieheben im Wechsel mit dem linken und rechten Knie – 16 Mal pro Seite wdh.)
Frontkick im Wechsel mit dem linken und rechten Knie – 16 Mal pro Seite wdh.)
Beide Techniken kombinieren – Knie rechts + links, Frontkick rechts + links (32 Mal wiederholen)

Box-Frontkick-Kombination:
Erste und zweite Kombination miteinander verbinden:
Punch rechts + links, Haken rechts + links, Knie rechts + links, Frontkick rechts + links

 

Pyramiden-Boxen:

Equipment: Weichbodenmatte oder Boxsack, Boxhandschuhe oder Bandagen

Ziel: Schnelligkeitsausdauer & Kraftausdauer, Frequenzschnelligkeit, zyklische Rhythmisierung

Beschreibung: Eine Weichbodenmatte wird quer an eine Wand gestellt und ggf. mit einem Seil befestigt, um ein Wegrutschen zu vermeiden. Falls Boxsäcke vorhanden sind, können diese verwendet werden. An einer Matten-Station können 3 Personen gleichzeitig arbeiten. Der Sportler stellt sich im Abstand seiner Armreichweite in Schrittstellung vor die Matte und schlägt kurze (Japs) und lange Geraden (Punches) mit maximaler Schnelligkeit auf die Matte. Die Ausgangslage der Übung ist die kurze Boxerdeckung, bei der die Fäuste auf Kinnhöhe gehalten werden und sich die schwächere Hand etwas weiter vorne (Jap-Hand) und die stärkere Schlaghand (Punch-Hand) etwa eine Faustbreite dahinter befindet. Die Beine befinden sich in Schrittstellung mit dem vorderen Bein auf der Jap-Seite und dem hinteren auf der Schlaghandseite des Punches. Es erfolgt im ständigen Wechsel ein zyklisches Boxen mit der linken und der rechten Geraden auf die Matte, wobei darauf zu achten ist, dass der Fauststoß linear nach vorne ausgeführt und auch wieder linear zurück in die Deckung geführt wird. Die Ellenbogen dürfen bei den Stößen nicht nach außen ausweichen, sondern bleiben unmittelbar in der Linie des Brustkorbes verankert. Beim Boxen dreht sich der Körper in die Stoßrichtung ein, so dass der Impuls des Schlages verstärkt wird. Die Kontaktzeit an der Matte wird so kurz wie möglich gehalten und die Fäuste nach dem Auftreffen sofort wieder zurückgezogen. Bei dieser Übung soll eine zyklische Bewegungsausführung erfolgen, indem der Sportler einen gleichmäßig schnellen Rhythmus im Wechsel von linker und rechter Geraden aufrechterhält.

Belastungsmodalität: Geboxt wird in einer doppelten Pyramide, die mit einem kurzen Intervall beginnt, im Anschluss länger wird und sich danach wieder auf das Ausgangszeitfenster verkürzt. Diese Übung kann hervorragend im Partnerarbeit erfolgen, denn nach jedem Intervall erfolgt eine passive Pause, in der der Partner aktiv werden kann.

10 Sek. Boxen | 10 Sek. Pause

20 Sek. Boxen    |    20 Sek. Pause

30 Sek. Boxen        |        30 Sek. Pause

30 Sek. Boxen        |        30 Sek. Pause

20 Sek. Boxen     |     20 Sek. Pause

10 Sek. Boxen | 10 Sek. Pause

 

Kasten-Frontkicks:

Equipment: kleine Turnkäsen oder Langbank, Medizinbälle

Ziel: Kraftausdauer, Gleichgewicht, Kopplung

Beschreibung: Diese Übung wird in Zweiergruppen durchgeführt. Der aktive Sportler steht mit einem Bein auf einem kleinen Kasten und dem anderen Bein auf dem Boden. Ihm gegenüber steht sein Partner, der im Abstand seiner Beinreichweite einen Medizinball als Trefferziel in die Höhe hält. Nun erfolgt ein explosives Abdrücken vom Boden und ein Hochdrücken auf den Kasten in den Stand. Das untere Bein wird während des Hochsteigens mit dem Knie nach oben angehoben und am höchsten Punkt nach vorne zum Frontkick ausgestreckt. Die Zehen werden dabei zum Schienbein herangezogen, so dass der aktive Sportler mit dem Fußballen bzw. der Fußsohle den Medizinball seines Partners leicht treffen kann. Nach dem Kick wird das Bein wieder zurück in die Kniestellung gebeugt und auf den Boden abgesetzt. Diese Übung erfolgt zyklisch ohne Pause. Es gilt, die Kontaktzeit nach dem Absetzen des Kickbeins am Boden so kurz wie möglich zu halten und sofort zur nächsten Wiederholung anzusetzen. Der Treffer am Medizinball sollte ebenfalls so schnell wie möglich und die Kickbewegung explosiv, ähnlich wie ein Peitschenschlag, durchgeführt werden. Durch das permanente Auf- und Absteigen bei gleichzeitigem Frontkick kommt es zu einer raschen Ermüdung der Beinmuskulatur, wodurch sich der Anspruch an das Gleichgewicht erhöht. Auf einer Langbank können durch dieser Übung bis zu 5 Personen gleichzeitig arbeiten.

Belastungsmodalität: Die Übung erfolgt in 2-4 kurzen Intervallen zu je 30 Sekunden Belastung und 30 Sekunden Pause. Die Pausen können als passive Pause genutzt werden, in denen ein Partnerwechsel erfolgt und der Aktive zum Passiven wird oder als aktive Pause, bei der nach 30 Sekunden ausschließlich das Bein gewechselt und die Übung vorgesetzt wird.

2-4 Mal:

30 Sek. Kasten-Frontkicks linkes Bein   |   30 Sek. Pause bzw. Partnerwechsel

30 Sek. Kasten-Frontkicks rechtes Bein   |   30 Sek. Pause bzw. Partnerwechsel

Abb. 16, 17, 18 (Falls Platzmangel nur 18)

 

Pratze stoppen:

Equipment: kleines Schlagpolster oder alternativ Teppichfliese, Tuch oder Boxhandschuh; Weichbodenmatte oder Niedersprungmatte quer an der Wand

Ziel: Reaktion, Aktionsschnelligkeit, Konzentration

Beschreibung: Eine Person befindet sich in Boxerstellung im Abstand seiner Beinreichweite vor einer quer an der Wand stehenden Weichbodenmatte. Ein Partner stellt sich etwas seitlich daneben an die Matte und hält eine Schlagpratze oder einen ähnlichen Gegenstand etwa auf Kopfhöhe direkt an der Mattenfläche fest. Dieser lässt das Zielobjekt nach eigenem Ermessen fallen. Der aktive Sportler hat die Aufgabe, dieses Objekt durch eine Kampfsporttechnik direkt an der Matte zu stoppen und zu verhindern, dass die Pratze auf den Boden fällt. Die einfachste Lösung ist das Stoppen des Objekts mit einem Jap oder Punch. Muss hingegen ein Frontkick ausgeführt werden, wird die Aufgabe schwieriger.

Belastungsmodalität: Jede Technik wird 10-15 Mal durchgeführt. Danach folgt ein Partnerwechsel und der Pratzenhalter wird zum aktiven Sportler. Es wird mit den einfachen Boxtechniken begonnen und danach mit den Kicktechniken fortgefahren.

10-15 Mal Jab (nur die kurze Gerade)

10-15 Mal Punch (nur die lange Gerade)

10-15 Mal Frontkick (nur der vordere)

10-15 Mal Frontkick (nur der hintere)

Alternativ: Sidekick aus der seitlichen Auslage

 

 

Ballwerfen und Boxen

Equipment: Tennisball, Gymnastikball, Handball

Ziel: Kopplung, Orientierung, Reaktion, Rhythmisierung

Beschreibung: Der Sportler befindet sich in Boxerstellung und hält in einer Hand einen Tennisball. Diese wird etwas auf Brustkorbhöhe gehalten. Die andere Hand befindet sich in der Boxerdeckung am Kinn. Nun wird mit der freien Hand permanent und möglichst zyklisch geboxt, ohne die Bewegung zu unterbrechen. Gleichzeitig bewegt sich der Sportler locker im Raum und wechselt dabei stetig seine Bewegungsrichtung. Er steppt vor und zurück, bewegt sich seitlich, kreisförmig und rund. Sobald dieses Bewegungsmuster stabil umgesetzt wird, muss in einem individuellen Rhythmus der Ball während des Boxens gerade nach oben auf etwa Kopfhöhe geworfen und wieder gefangen werden. Der zyklische Boxrhythmus sollte durch das Werfen nicht unterbrochen werden.

Belastungsmodalität: 6-8 Runden zu je 45-60 Sekunden. Zyklisch, im individuellen, maximal möglichen Tempo. Dabei wird das Prinzip, vom Einfach zum Komplexen verfolgt und die Aufgabe, je nach Leistungslevel, von Runde zu Runde gesteigert.

  1. Runde: linker Jab + rechte Hand Ball
  2. Runde: rechter Punch + linke Hand Ball
  3. Runde: linker Jab + rechte Hand Ball + auf Pfiff den Ball mit einem Partner durch Zuwerfen tauschen
  4. Runde: rechter Punch + linke Hand Ball + auf Pfiff den Ball mit einem Partner durch Zuwerfen tauschen
  5. Runde: linker Jab + rechte Hand Ball + auf Pfiff Hochwerfen – ganze Drehung um die Längsachse – Ball fangen
  6. Runde: rechter Punch + linke Hand Ball + auf Pfiff Hochwerfen – ganze Drehung um die Längsachse – Ball fangen
  7. Runde: linker Jab + rechte Hand Ball + ein Auge geschlossen
  8. Runde: rechter Punch + linke Hand Ball + ein Auge geschlossen

 

Literatur:

Gärtner, D. (2015). Functional Training. Das revolutionäre 5-Dimensionen-Konzept. BLV München.

Fritzsche, J. (2013). Koordinationstraining für Kampfsportler – Teil 2. Dr. Jürgen Fritzsche Verlag, Usingen.

Grosser/Starischka/Zimmermann (2012). Das neue Konditionstraining. Grundlagen, Methoden, Leistungssteuerung, Übungen, Trainingsprogramme. BLV, München.

 

Über den Autor (kurz):

Der ehemalige Kickbox-Weltmeister Dr. Daniel Gärtner arbeitet als Dozent und Forscher an der Technischen Universität München. Er bildet Trainer aus, unterstützt Leistungssportler und betätigt sich als Buchautor. Infos unter www.dr-daniel-gaertner.de und www.kickbox-aerobic.com

 

 

Kickboxen als Fitnesstraining

Ganzheitliches Training

Dr. Daniel Gärtner

Kickboxen ist im Vergleich zu vielen traditionellen Kampfkünsten ein recht junger Sport, der das Boxen mit Fußtechniken verbindet. In den frühen 1960er Jahren entwickelte sich in Amerika eine offene und freie Art des Wettkampfes, bei der es Kämpfern aus verschiedenen Kampfsportarten erstmalig möglich war, sich auf der Matte zu messen. Das Kickboxtraining ist enorm vielfältig und trainiert die konditionellen und koordinativen Fähigkeiten auf komplexe Weise.

Ein neuer Sport entsteht:

Im Laufe der Zeit entstand durch diese „Versportlichung“ der Kampfkünste eine neue Wettkampf-Kampfsportart, die durch ein verbindliches Regelwerk und die ersten Verbände als Kickboxen bezeichnet wurde. Besonders durch die Vielzahl der Hollywood-Filme erfuhr Kickboxen in den 80er und 90er Jahren einen regelrechten Boom. Dieser kam letztendlich auch in der Fitnessbranche an, innerhalb welcher neue Trends wie etwa Kickbox-Aerobic, Fitnesskickboxen oder Tae Bo geschaffen wurden. Dadurch war es auch weniger körperkontaktaffinen Interessenten möglich, sich mit Punches und Kicks in Form zu bringen. Brach der Kampfsport Anfang 2000 ein wenig ein, so wurde Kickboxen in den letzten Jahren vor allem durch die starke Medienpräsenz wieder bekannt. Auch die Fitnessindustrie erkannte erneut das Potential des Kickbox-Trainings, wodurch in jüngster Zeit neue Fitnesskonzepte und Programme entstanden, die unzählige Möglichkeiten für das Training im Gym, in der Schule und im Verein mit sich bringen.

Heute:

In den letzten Jahren erfuhr der Kampfsport eine regelrechte Renaissance. Verschwand Karate, Judo oder Taekwondo Ender der 90er Jahre ein wenig von der Bildfläche, so tauchten die Kampfkünste in den eher sportlichen und weniger traditionellen Stilen kürzlich wieder auf. Thaiboxen, K1, Kickboxen und seit einigen Jahren MMA (Mixed Martial Arts) erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Dabei kann aber festgestellt werden, dass es den Teilnehmern in solchen Kursen nicht primär um den Wettkampf auf der Matte geht. Vielmehr stehen jedoch die Trainingsaspekte, der Spaß und ein gewisser kämpferischer Spannungscharakter im Vordergrund. Jeder möchte gut aussehen, fit sein, eine tolle Figur haben und Muskeln zeigen. Besonders die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigen dieser Trendentwicklung gegenüber eine große Affinität. Und das auch mit Recht, denn das Kickbox-Training verbindet auf einzigartige Weise Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination und stellt ein ganzheitliches Training unter kämpferischen Aspekten dar.

 

Mit Kickboxen richtig fit werden

Kickboxen kann nicht nur in speziellen Sportschulen oder Kampfsport-Vereinen ausgeübt werden. Die Einsatzmöglichkeiten sind enorm vielfältig und variabel. So bietet sich der Einsatz von Kickbox-Übungen vor allem als Ergänzungstraining im Leistungssport, als Kondition-/Koordinationsseinheit im Breitensport oder als spezieller Fitnesskurs im Studio an. Auch der Einsatz von Kickbox-Übungen im als Fitnesstraining zu Hause macht aufgrund der Vielfalt dieses Sports Sinn und Spaß.

Ausdauer: Die Ausdauer spielt beim Kickbox-Training eine große Rolle. Sowohl die Grundlagenausdauer, die für das Durchhalten der gesamten Trainingseinheit wichtig ist, als auch die Schnelligkeits- und Kraftausdauer für kurze und maximal intensive Bewegungen bis in die muskuläre Erschöpfung, werden durch das Training verbessert.

Kraft: Die Entwicklung komplexer Kraft beeinflusst jede Technik im Kickboxen wesentlich und stellt gleichzeitig die Basis für die Schnelligkeit und aktive Beweglichkeit dar. Es geht dabei nicht ausschließlich um maximal harte Schläge, sondern vielmehr um die Verbindung der motorischen Fähigkeiten untereinander. Ohne Kraft ist kein wirkungsvoller Schlag oder keine schnellkräftige Bewegung möglich. Die Impulse können sich nur durch eine komplexe Stabilität bis in die kleinste Muskelkette entfalten. Auch für das Ausführen von hohen Kicktechniken benötigt der Kämpfer eine hohe Kraftfähigkeit im Agonisten und Entspannungsfähigkeit im Antagonisten.

Beweglichkeit: Da im Kickboxen mit den Füßen bis zum Kopf gekickt wird, benötigt der Kämpfer eine entsprechende sportartspezifische Beweglichkeit. Vor allem die Adduktoren, sowie die Beinbeuger und das Hüftgelenk müssen beweglich sein, um Kicktechniken möglichst ökonomisch ausführen zu können.

Schnelligkeit: Jede Technik sollte beim Kickboxen maximal schnell aufgeführt werden können. Einerseits geht es darum, den Gegner zu treffen und andererseits darum, selbst nicht getroffen zu werden. Beide Aspekte verlangen ein hohes Maß an Aktions- und Reaktionsschnelligkeit sowie eine schnelle Bewegungsfrequenz.

Koordination: Fast alle koordinativen Fähigkeiten werden durch ein Kickbox-Training simultan geschult. Sei es die Gleichgewichtsfähigkeit durch schnelle Gewichtsverlagerungen beim Kicken, die Kopplungsfähigkeit bei Technik-Kombinationen, die Reaktionsfähigkeit beim Reagieren auf Kommandos, Orientierung oder Differenzierung beim Sparring oder der Rhythmus bei Bewegungsabfolgen.